DER GLAUBE
JENSEITS DER JENSEITSFUNKTION
DIE DIESSEITIGE RESTRIKTIVE DES DENKENS
Die Vermutung, dass es verschiedene Arten des Denkens
gibt, reicht nicht aus, um komplexe VerhaltensSymptome wie das des Glaubens mit
Mitteln der Wissenschaft zu beschreiben. Deswegen ist es eine Vermutung, dass
es verschiedene Arten des Denkens gibt, die sich als Strukturen mit
wissenschaftlichen Mitteln als ein Modell vorstellen lassen, das auch komplexe
VerhaltensSymptome wie das des Glaubens als Hypothese beschreibt.
Das Modell haelt Nichtglauben, als Gegenteil oder als
Fehlen von Glauben, nicht notwendigerweise fuer entsprechend beschreibbar. Es
genuegt also nicht, das eine zu beschreiben und aus dieser Beschreibung das
andere abzuleiten. Die Moeglichkeit, dass beide VerhaltensSymptome getrennte
Ursachen haben, kann nicht vernachlaessigt werden. Die Hypothese haelt Glauben
oder Nichtglauben, als ein komplexes VerhaltensSymptom, per GlaubensGen oder
per NichtglaubensGen nicht fuer gegeben, doch rueckfuehrbar auf Faktoren, die
fundamental genug sind, um genetisch bedingt sein zu koennen.
Solche Faktoren koennen verursacht sein durch eine nicht-bedingte-SystemRestriktive,
die als primaere Struktur und Funktion des menschlichen Organismus dessen
Kapazitaet und Potenz nach aussen begrenzt, die also alles zum Inhalt hat, was
der Mensch ist und was er vermag. Sekundaer koennen solche Faktoren eine
SystemRestriktive bewirken, die als bedingte-SystemRestriktive die nicht-bedingte-SystemRestriktive
nach wiederum innen begrenzt, mit der durch sie bedingt induzierbaren
Restriktion.
Die Restriktion kann wirken als Direktive von Seiten
einer Autoritaet, die dem restriktionierbaren und in der Folge
restriktionierten Menschen selbst nicht zugehoert oder von ihm nicht als zu ihm
gehoerig erkannt werden kann. Durch die Restriktion wird die primaere Struktur
und Funktion der nicht-bedingten-SystemRestriktive nicht in ihrer Substanz
reduziert, reduziert wird dagegen sekundaer deren konkrete Verfuegbarkeit fuer
den restriktionierbaren und in der Folge restriktionierten Menschen und damit
dessen Kapazitaet und Potenz.
Die Begrenzung des Menschen auf nur menschliche
Wahrnehmung gibt dem restriktionierten wie nicht-restriktionierten Menschen ein
nur menschliches Mass in seiner Sicht auf alles, was er ist, und auf alles, was
er nicht ist. Ist der Mensch nur durch die nicht-bedingte-SystemRestriktive
nach aussen begrenzt, verfuegt er ueber das maximal moegliche Mass an
Kapazitaet und Potenz, so dass er, entsprechend dieser Vollstaendigkeit, die
ihm implizite Autoritaet innerhalb seines Selbst lokalisiert. Der
nicht-restriktionierte Mensch ist in der Folge selbstautoritaer verantwortlich
oder selbstverantwortlich autoritaer und hat eine Interne Autoritaet.
Die Interne Autoritaet kann nur im Fall der
beschriebenen Vollstaendigkeit wirken. Wird die Verfuegbarkeit der nicht-bedingten-SystemRestriktive
reduziert, geht die Interne Autoritaet vollstaendig verloren. Die Interne
Autoritaet ersetzt oder missachtet keine Externe Autoritaet, exemplarisch die
Interne Autoritaet eines anderen Menschen. Der nicht-restriktionierte Mensch
nimmt beide Autoritaeten und beide in ihrer Zugehoerigkeit wahr. Er kann beide
in Frage stellend unterscheidend vergleichen und entsprechend interagieren.
Sind Kapazitaet und Potential durch die Wirkung der bedingten-SystemRestriktive
nicht in maximal moeglichem Mass dem Menschen verfuegbar, ist auch das Mass
seiner Sicht auf alles, was er ist, und auf alles, was er nicht ist, nach innen
begrenzt und damit ist auch sein Selbst begrenzt. In Reduktion des
wahrzunehmenden Selbst verliert dieses Selbst mit Verlust dieser
Vollstaendigkeit die Moeglichkeit, ueber sich zu verfuegen und damit seine
Interne Autoritaet. Der restriktionierte Mensch lokalisiert in der Folge die
von ihm dann nicht mehr zu verantwortende Autoritaet ausserhalb seines Selbst.
Die Autoritaet erkennt er als fuer ihn verantwortlich an. Er ist nur selbst
fuer sich selbst nicht verantwortlich und selbst fuer sich selbst nicht
autoritaer.
Fuer den restriktionierten Menschen existieren dann
zwei, von ihm nicht unterscheidbare Arten von Externen Autoritaeten. Die von
ihm selbst verursachte und veraeusserte vermeintliche Externe Autoritaet und
die tatsaechliche Externe Autoritaet, die von ihm selbst nicht verursacht sein
kann. Aus Mangel an Interner Autoritaet kann er nicht in Frage stellend
unterscheidend vergleichen, in wie weit die Externe Autoritaet befugt ist,
autoritativ auf ihn zu wirken. Er kann nur in Beachtung autoritativ verfuegter
Restriktion reagieren und an jede dieser Autoritaeten nur glauben.
Dem Glauben voraus geht die Reduzierung der
SelbstWahrnehmung, sekundaer durch Wirkung der bedingten-SystemRestriktive,
primaer durch Wirkung der nicht-bedingten-SystemRestriktive. Kann die nicht-bedingte-SystemRestriktive
eine sekundare SystemRestriktive auch nicht bedingen, ist der Mensch frei von bedingter-SystemRestriktive,
frei von Reduzierung der SelbstWahrnehmung, frei von Verlagerung seiner
Autoritaet nach ausserhalb seines Selbst, frei von Restriktion und frei von der
Haltung des Glaubens. Das Argument <Nicht glauben ist auch nur ein
Glauben> gilt dann nicht, wenn unterschieden wird zwischen <Nichts
glauben> und <nicht glauben>. <Nichts glauben> bezieht sich auf
<Nichts>, <nicht glauben> dagegen bezieht sich auf <glauben>.
<Nichts> bedeutet, so viel wie ein Objekt mit
Namen <Nichts>. <Nichts> glauben bedeutet, an dieses Objekt zu
glauben. Man nennt dieses Objekt <Nichts>, weil es nicht nur nicht zu
beschreiben ist, sondern weil es nichts ist, das schon einen Namen hat, und
etwas, das noch keinen Namen hat. <Nichts> glauben bedeutet dann auch,
das passende Objekt noch nicht gefunden zu haben und im Fall des Findens
<Nichts> durch den Namen des Gefundenen mittels der Haltung des Glaubens ersetzen
zu koennen.
In Verbindung mit <Nichts> wird <glauben>
nicht in Frage gestellt. Mit <Nichts> wird nicht <glauben> verneint,
sondern das Objekt, an das man glaubt, wird verneint. In dieser Aussage kann
das Objekt des Glaubens ausgetauscht werden, die Haltung des Glaubens dagegen
ist ungeachtet eines Objekts vorhanden.
D.h. dass das Argument <Nichts glauben ist auch nur
ein Glauben> zutreffend ist.
<Nicht> bedeutet dagegen, wie man es mit dem
Glauben haelt. <nicht glauben> bezieht sich nicht auf ein Objekt des
Glaubens, sondern bezieht sich auf die Haltung des Glaubens. Man glaubt nicht.
Nicht das Objekt wird verneint, sondern die Tatsache, dass man glaubt, wird
verneint. Ist die Haltung des Glaubens nicht gegeben, ist kein Glauben gegeben
und damit gibt es auch kein Objekt, an das man glaubt.
D.h. dass das Argument <nicht glauben ist auch nur
ein Glauben> nicht zutreffend ist.
Die Herstellung des Modells folgt der Methode der
Deduktion aus der Vermutung, dass es verschiedene, sekundaer restriktionierbare
und nicht sekundaer restriktionierbare, Strukturen des Denkens gibt. Im Weiteren
wird das Modell mit Methoden der Induktion getestet an Fragen der Unterscheidung
des Fortschritts in der Physik und des Fortschritt in allen anderen
Wissenschaften. Die Frage bezueglich der Disposition des Glaubens ergibt sich auch
aus diesem Vergleich.
Die Auswahl der UnterscheidungsObjekte ist noch nicht
durch die Feststellung vorgegeben, dass der Fortschritt in der Physik weiter
ist als der Fortschritt in allen anderen Wissenschaften, sondern dadurch dass,
anders als alle anderen Wissenschaften, die Physik PhasenSpruenge vollzieht,
aus denen das Weiter erst resultiert. Die Auswahl der UnterscheidungsObjekte ist
nicht bedingt durch den Gegenstand der Wissenschaften, das Resultat der
Unterscheidung wahrscheinlich durch diesen Gegenstand. Im Gegensatz zur Physik
ist Gegenstand aller anderen Wissenschaften ausschliesslich und der Mensch.
Die Bedeutung der PhasenSpruenge ist weniger in der
Physik zu erkennen als vielmehr in Wissenschaften, in denen PhasenSpruenge
nicht zu beobachten sind. Das sind Wissenschaften, in denen nicht nur Antworten,
sondern schon die Fragen an autoritativen Vorgaben scheitern. Die Begrenzung
der Wissenschaften an dieser Stelle ergibt sich nicht aus dem, was,
entsprechend der nicht-bedingten-SystemRestriktive dem Menschen denkbar
moeglich ist, sondern aus dem, was, entsprechend der bedingten-SystemRestriktive
dem Menschen erlaubt ist, zu denken. Eine derart begrenzte Erlaubnis kann nur
bei entsprechendem Fehlen der Internen Autoritaet, verfuegt von einer
tatsaechlichen und/oder veraeusserten Externen Autoritaet, ohne zu fragen
akzeptiert werden. Die fraglose Akzeptanz entspricht dem Glauben.
Das Argument, dass Glauben nicht notwendig an Religion
gebunden sein muss, gilt nicht, wenn Religion das Ziel definiert, auf das
Glauben sich richtet. Insgesamt definiert Religion alle den Glauben
rechtfertigenden wie bedingenden Faktoren und, in der Gesamtheit aller Objekte
und deren Verbindlichkeiten, die Institution.
Religion ist dann die Institution, die die von dem
restriktionierten Menschen veraeusserte Autoritaet zu verwalten hat. Diese
unbedingte Verbindung von Glauben und Religion, kann zwar durch eine, der
beschriebenen Modelle entsprechenden Ueberlegung dargestellt werden, wird in
der Regel so aber nicht dargestellt.
Dass exemplarisch der Atheist anders als der Theist,
der an das Definierte glaubt, an das nicht Definierte im Sinn des Indifferenten
glaubt, mag sowohl Zuneigung wie Abneigung bedingen, nicht aber Irritation. Die
irritierende Stellung des Atheisten ergibt sich vielmehr aus einer Haltung, die
er gar nicht vertritt, die ihm aber dennoch zugedacht wird. Die dem Atheisten zugedachte
Stellung ist tatsaechlich die des Nontheisten, der anders als der Theist und anders
als der Atheist, die in jedem Fall glauben, nicht an NICHTS GLAUBT sondern
schlicht NICHT GLAUBT.
Es gilt also nicht nur Theist und Atheist zu
unterscheiden, sondern der Vollstaendigkeit halber notwendigerweise Nontheist, Atheist
und Theist.
Es kann sein, dass diese Darstellung nur dem
nicht-restriktionierten Menschen moeglich und nur dem nicht-restriktionierten
Menschen verstaendlich oder verstehbar ist. Dem restriktionierten Menschen an
dieser Stelle bleibt nicht unbedingt nur aber wahrscheinlich bevorzugt zu
glauben in Kommunikation mit der tatsaechlichen Externen Autoritaet und/oder
der vermeintlichen von ihm veraeusserten und deswegen vermeintlichen Externen
Autoritaet, die dadurch die seine und doch die seine nicht ist.
Aus diesem AutoritaetenDilemma liesse sich weiterhin
schliessen, dass die zugleiche Ueber- und Unter-bewertung desselben Menschen
durch den glaubenden Menschen nur ein vermeintlicher Widerspruch ist. L I R © 2 0 0 0
RESTRICTIVITY
- STRUCTURES OF THINKING
RESTRIKTIVE
UND RESTRIKTIONIERTE STRUKTUREN DES DENKENS
S Y S T H E M A T I S C H E S . D E S I G N . L I R ©
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