Die Verheimlichung des Unheimlichen
VORLESUNG
Angenommen, das Universum ist
tatsaechlich vorhanden, dann ist es von einer Struktur und von einer Funktion, die
universale Regeln beschreiben. Angenommen, der Mensch ist Teil des Universums, dann
gelten die Regeln auch ihm . . . was er ist und was er tut mit dem, was er ist
. . . dass er sich Gedanken macht und was er macht mit diesen Gedanken.
Egal, was er macht, wenn die
Regeln, nach denen er denkt, nicht gelten, dann gibt es auch nichts zu denken.
Auch in Gedanken kann der Mensch das Universum nicht von aussen betrachten. Auch
in Gedanken kann er das Universum nicht verlassen.
Wenn er mit seinen Gedanken am
Ende ist, kann er noch nicht einmal wissen, ob das Universum zu Ende ist.
Innen betrachtet er das
Universum, ohne zu wissen, wie weit Innen reicht, was Innen ist, und ob es Innen
ueberhaupt gibt, weil es sich nicht unterscheidet von einem Aussen, weil alles ausschliesslich
Innen . . . und Innen dann auch nicht mehr zutreffend ist . . . wenn Innen ausschliesslich
Alles ist . . . . verfuegbar fuer jede moegliche Antwort auf jede moegliche
Frage.
In diesem Sinn ist es unendlich
. . . grundsaetzlich.
Stellen Sie sich vor, es gibt
jede moegliche Frage und jede moegliche Antwort, dann gibt es auch jede
moegliche Konsequenz.
Zum Beispiel dass sich die
SelbstVernichtung des Menschen in selbst verursachtem Schicksal begruendet . .
. dass also der Mensch seinen Moeglichkeiten nicht nachgekommen sein wird und selbst
fuer sein Verschwinden verantwortlich ist.
Oder dass sich die SelbstVernichtung
des Menschen in nicht selbst verursachtem Schicksal begruendet, weil es so ist,
dass der Mensch nicht anders kann, und es in der Folge dieser Bedingung
schlicht dazu kommt . . . dass weder der Mensch noch der Rest Universum
verantwortlich ist, dass also nichts verantwortlich ist.
Beide Konsequenzen
zusammengenommen, ist jeder Mensch entweder gar nicht oder nur fuer sich selbst
von Bedeutung.
Was ist zu tun, wenn Ihnen
diese wie jene Erkenntnis nicht passt.
Wenn schon das Erkannte nicht
ungeschehen und die Erkenntnis nicht unmoeglich zu machen ist, kann die
Moeglichkeit der Erkenntnis noch immer verheimlicht werden.
So kommt der Mensch in die heimliche
Situation, in der er sich schliesslich in Sicherheit fuehlt, in der er aber
nicht sicher ist, weil es zwar das Gefuehl, das Gefuehlte aber nicht, gibt.
Doch, wenn fuer eine Erkenntnis
gilt, was fuer alle Erkenntnisse gilt, dann kann auch diese Erkenntnis verheimlicht
werden.
Ob das die Erschaffung des Heimlichen
ist oder das Heimliche aus der Erschaffung des Unheimlichen erst resultiert,
ist damit nicht zu entscheiden. Entschieden aber kann sein, dass das eine ohne
das andere nicht existiert.
Mit der Unterscheidung ist das
Universum nicht ein MaSSenSchauspiel, in dem jeder sieht, was der andere sieht,
selbst wenn jeder das selbe nur anders sieht.
Das unterschiedene Universum
ist eine der Menge der MaSSe entsprechende Menge an EinzelSpektakeln, in denen
keiner das gleiche sieht, doch jeder sich ein Bild davon macht, das gleich dem Bild
jedes anderen ist.
Die EinBildung aller eruebrigt
die Frage . . . was denn das ist, was man sieht . . . und erlaubt es die
Antwort gewiss ungewiss oder gleich bleiben zu lassen, so dass der heimlich
heimische Mensch unheimlich sicher sein kann vor jeder moeglichen Konsequenz, ohne
dass er jetzt merkt, wie sich die Sache schon jetzt verkehrt . . . hat.
Sollte Ihnen die Sache jetzt
unheimlich sein, dann trifft sich das gut, ich bin naemlich gebeten worden,
laenger zu reden als bei der Verfassung der Rede geplant, so dass Sie jetzt
Gelegenheit haben, nicht in dieser Befindlichkeit entlassen zu werden.
Es trifft sich ausserdem gut,
dass die zur geplanten Rede hinzugefuegte Laenge wiederum kurz genug ist, denn im
wesentlichen ist alles damit gesagt, dass, wenn Sie sich jetzt in einer Ihnen
unheimlichen Situation befinden, Sie ganz beruhigt sein koennen, weil das der
Sinn des Unheimlichen ist.
Bliebe mehr Zeit, dann liesse
der Sinn des Unheimlichen sich auch noch in wenigen Worten erklaeren und ginge zusammen
mit Ihrer Beruhigung verloren.
So aber kann das, was
unheimlich ist, verheimlicht bleiben und Ihre Beruhigung erhalten.
Die Zeit ist zu Ende. L I R © 2 0 1 1
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